Früher schummriges Rotlichtviertel für Segler, dann in den 1960er und 1970er Jahren Sprungbrett für Musiker wie die Beatles und zugleich Meile des heimlichen, unverhohlenen Sextourismus. Seit den 1990er Jahren hat sich Hamburgs bekannteste Partymeile in ein Szeneviertel mit besonderem Flair verwandelt. Bars und Musikclubs befinden sich hier neben Kunstgalerien, Kabarett- und Theaterhäusern, Musikpalästen und edlen Restaurants. Ein Besuch auf der Reeperbahn Hamburg.
Die Reeperbahn Hamburg ist das Zentrum des Hamburger Nachtlebens im Stadtteil St. Pauli. Sie ist 930 Meter lang, gesäumt von Nachtclubs und Bars, Discos und Kneipen. Besonders die Seitenstraße Große Freiheit, der Hans-Albers-Platz sowie der Spielbudenplatz mit Panoptikum und Operettenhaus sind bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen beliebt. An der Ecke Spielbudenplatz/Davidstraße befindet sich auch die wohl bekannteste Polizeiwache Hamburgs, die Davidwache. Das Gebäude der Hamburger Polizeiwache 15 ist durch Film und Fernsehen über Hamburg hinaus bekannt geworden. Obwohl die Polizeistation mit knapp einem Quadratkilometer und etwa 14.000 Einwohnern die kleinste Dienststelle Europas ist, kommt bei den Beamten keine Langeweile auf. Besonders am Wochenende ist auf der angrenzenden Reeperbahn viel los.
Wohnraum für Handwerker, Gastwirte und Prostituierte
Von 1618 bis 1648 befand sich Deutschland im Krieg. Um sich verteidigen zu können, wurden zahlreiche Hügel in der Hamburger Vorstadt eingeebnet, um ein freies Schussfeld zu haben. Außerhalb der Befestigungsanlagen lagen Gebiete wie Eimsbüttel, Rotherbaum, St. Georg und der Hamburger Berg, das heutige St. Pauli. Hier, mitten in der Schusszone, siedelten sich nur die an, die in der Stadt unerwünscht waren: Gastwirte, Prostituierte und unerwünschte Einrichtungen wie der Pesthof, ein Krankenhaus für Seuchen und Geisteskrankheiten. In den Folgejahren kamen auch Handwerker und Betriebe hinzu, deren Arbeit viel Platz beanspruchte, das Wasser verschmutzte, stark roch oder viel Lärm machte.
Ab dem Jahr 1630 verlagerten auch die Reepschläger und Seiler ihre Arbeit auf den Hamburger Berg. Die alten Eisenbahnen bei Eichholz, unweit der heutigen Landungsbrücken, waren im Laufe der Zeit zu klein geworden. Denn eine wichtige Grundvoraussetzung für ihre Arbeit waren lange Bahnen, auf denen die bis zu 300 Meter langen Seile von Hand gefertigt wurden. Diese Tätigkeit gab der um 1820/30 angelegten Altonaer Allee ihren späteren Namen – Reeperbahn. Auch die Seilerstraße, die parallel zur Reeperbahn verläuft, zeugt von dieser Zeit.
Vom Handwerkerviertel bis zur Vergnügungsmeile
Neben Handwerkern siedelten sich hier im 17. Jahrhundert auch zahlreiche Vergnügungsbetriebe an. In der Umgebung etablierten sich ein Spielbudenplatz und ein Jahrmarkt. Im 18. Jahrhundert wurde die Vorstadt Hamburger Berg als Ausflugsziel bei Großstädtern immer beliebter. Besonders gerne gingen sie auf und vor den Wällen. In den folgenden Jahren wuchs das Vergnügungsviertel. Es gab Attraktionen wie die Camera Obscura, Schlangenbeschwörer, Dompteure und Bauchredner. Auch zahlreiche Bordelle wurden eröffnet. Es entstanden Tanzsäle und Theater mit klassizistischen Steinfassaden. Beliebt waren der Circus Gymnasticus, das Elysium oder auch das 1841 gegründete und noch heute bestehende Urania-Theater. St. Pauli-Theater. Es ist nicht nur das älteste Privattheater der Stadt, sondern auch eines der ältesten Theater Deutschlands. 1879 öffnete das Panoptikum, ein Wachsfigurenkabinett, seine Pforten. Viele dieser Attraktionen sind dem Kiez, wie der Kiez heute liebevoll genannt wird, bis heute erhalten geblieben.
Auch Musical-Begeisterte kommen auf der Reeperbahn voll auf ihre Kosten. Im Operettenhaus werden regelmäßig Musicals aus aller Welt aufgeführt. Große Bühnenkunst findet sich auch in den drei wohl berühmtesten Theatern St. Paulis: dem 1988 eröffneten Schmidt Theater, dem 1991 eröffneten Schmidts Tivoli und dem jüngsten und kleinsten Theater der Familie Schmidt – dem Klubhaus St. Pauli, das 2015 eröffnet. Schmidtchen. Ein Dauerbrenner ist das Theaterstück „Heiße Ecke“, das 2003 im Tivoli uraufgeführt wurde. Zudem ist Hamburgs berühmteste Straße Schauplatz vieler Filme, darunter „Der letzte Lude“ von 2003 und „St. Pauli Nacht“. von 1998. Die Filme „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ von 1954 und „Große Freiheit Nr. 7“ von 1944 gehören zu den Klassikern der Filmgeschichte.
Das Reeperbahn-Festival
Jedes Jahr Ende September legen die Clubs, Bars und Theater in der Nachbarschaft für vier Tage (wenn das überhaupt möglich ist) eine Schippe drauf. Das Reeperbahn Festival ist Europas größtes Clubfestival. Rund um die Reeperbahn gibt es mehr als 900 Programmpunkte. Mit mehr als 35.000 Gästen, die das Festival jährlich besuchen, ist es einer der wichtigsten Treffpunkte der Musikwelt. In über 70 großen und kleinen Spielstätten und auf Open-Air-Bühnen gibt es noch mehr zu entdecken.
Schlendern Sie am besten selbst durch den Kiez und lassen Sie sich in den Rhythmus der Nacht ein, machen Sie Ihre eigenen Entdeckungen in Eckkneipen, Hinterhoftempeln und Kellerkneipen und machen Sie sich einen eigenen Eindruck von dieser einzigartigen Meile.